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Claudia Zürcher

Freies Malen ist wichtig für die Entwicklung von Empathie und die Sozialisation

Unabhängig von Kultur, Zeitalter und Gesellschaft, malt der Mensch, um zu lernen, zu entdecken, zu verstehen, zu begreifen. Kinder spielen Malen, "erleben" ihre Bilder und erzählen damit ihre Geschichten des Menschwerdens. Alles, was Menschen seit jeher tun, ist wichtig für ihr Überleben. Wofür könnte denn das Malen überlebenswichtig sein?

Malen ist eine Form von Imitation, von verstehen lernen, was andere bewegt. Und genau diese Fähigkeit der Empathie braucht es für die Sozialisation zwischen den Menschen. Diese erfordert eine Form von Lernen, die sich im Gehirn verankert und vor allem über Imitation stattfindet. Daher ist freies Malen und Zeichnen für Kinder (und für Erwachsene!) überlebenswichtig.

Ein Kind, das die Möglichkeit hat, sich selbst und seine Umgebung malend zu erforschen, verarbeitet mit seinen Bildern spielerisch seine Entwicklung und alles, was es täglich dazulernt. Es erforscht und entwickelt seine Struktur. Diese ist auf den Bildern immer wieder erkennbar (sog. Urformen). Die Inhalte sind dabei nur Vorwand. Deshalb ist es enorm wichtig, dass sich das Kind auf seinen Bildern uneingeschränkt bewegen darf, d.h. nicht durch Lob oder gar Kritik (dazu gehören auch gut gemeinte Ratschläge) in der Auswahl seiner Inhalte und der Ausführung behindert wird.

Und wenn das die Kinder können - weshalb nicht auch wir Erwachsene? Was, wenn auch wir beim Malen spielerisch unsere Möglichkeiten erforschen und dabei ganz nebenbei unere Kreativität fördern würden, so wie wir musizieren, tanzen, singen, Sport treiben? Denn Malen schafft Identität. Wer malt, steht im Dialog mit seiner ureigenen schöpferischen Kraft, seiner Kreativität.

Bei Kindern sprudelt dieser Jungbrunnen noch ungehemmt, solange sie nocht nicht von Erwachsenen belehrt, korrigiert und ausgebremst werden. Wenn das passiert, verlieren die meisten die Freude am Malen, weil es von nun an kein Spiel mehr ist, sondern an Leistung, Können und Versagen gekoppelt ist. Das Malen in seiner ursprünglichen Form scheint für immer verloren...

Doch mal ehrlich: Wie kannst du erwarten, eine Tätigkeit, die du als Kind das letzte Mal ausgeübt hast, wie durch Zauberhand ohne Üben als Erwachsener plötzlich zu beherrschen? Klar, dein Können ist auf dem Niveau stehen geblieben, auf dem du aufgehört hast. Künstler üben ihren Beruf täglich aus, üben und lernen und verfeinern ihre Fähigkeiten.

Vielleicht spielst du Tennis? Vergleichst du dich dabei etwa mit Roger Federer und hörst sofort auf zu spielen, wenn du feststellst, dass du vermutlich nie seinen Olymp erreichen wirst? Du machst Musik, betreibst Sport - oder was auch immer - weil es Spass macht, Erholung verschafft und einfach gut tut.

So ist das auch mit dem Malen. Dieser Jungbrunnen der Kreativität ist zwar verschüttet durch Meinungen, Wertungen und Interpretationen. Aber die gute Nachricht: Es gibt ihn noch. Auch bei uns Erwachsenen ist die Auseinandersetzung, der Dialog mit dem Bild identitätsstiftend und fördert das Verständnis für uns selbst und für andere.

Zwar müssen wir als Erwachsene wieder mühsam lernen, unserem Urinstinkt bzw. Intuition zu vertrauen und einfach zu malen, der spontanen Idee folgend, und sei sie noch so klein und scheinbar unbedeutend. Es kann die Lust auf eine bestimmte Farbe sein, der Impuls einer Bewegung, das Bedürfnis, eine Spur zu ziehen.

Probiere es aus!

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